Doppelsitzbank im Transit MK3 nachrüsten

vonhamu

Es kam die Zeit, da brauchte Mobi einen dritten Sitzplatz. Dringend. Also eigentlich hatten wir den dritten Sitzplatz schon länger vorgesehen. Er soll direkt hinter dem Fahrer sein, entgegengesetzt der Fahrtrichtung. Und das sogar mit unserem TÜV-Prüfer abgesprochen. Einziges Hindernis: Der komplette Ausbau zum Wohnmobil müsste vorher bzw. zeitgleich erledigt werden, da der Platz ansonsten ja auf der "Ladefläche" des LKWs wäre. Da es aber sowohl unrealistisch wäre den Ausbau so über das Knie zu brechen, als auch unserer Iterativen-Strategie widerspricht (Stück für Stück einzelne Änderungen, diese anschließend ausprobieren und optimieren und dann mit dem nächsten Schritt weitermachen), blieb als einzige Alternative des dritten Sitzplatzes eine Doppelsitzbank statt des Beifahrer-Einzelsitzes.

So leicht sich das auch sagen lässt, so einfach wurde es nicht. Nach kurzer Anfrage bei " unserem" TÜV-Nord-Prüfer, erklärte dieser uns, dass wir entweder eine originale Sitzbank mit/an originalen Befestigungspunkten anbringen können, oder uns mit einer Einzelabnahme inkl. Zugtest arrangieren sollten. Neben den Kosten dafür könnte dabei natürlich auch was kaputtgehen, sollte dieser Test nicht bestanden werden. Und dabei könnte Mobi leiden. Die wichtigste Regel bei Prüfern ist, dass diese auch nur Menschen sind. Und als solche können unterschiedliche Prüfer denselben Sachverhalt durch ihre Erfahrung und/oder Weltanschauung anders beurteilen. Also wollte ich alle verfügbaren Institutionen abklappern: Vom TÜV-Süd, die bei "unserer" freien Werkstatt die Prüfungen machen und auch schon Mobi eine Plakette zugeteilt haben, gaben ebenfalls die Antwort. GTÜ hat mich ne halbe Stunde warten lassen, um mir dann zu sagen, ich soll den nächsten Tag wiederkommen. Am nächsten Tag nach einer weiteren halben Stunde dann die Antwort: Machen wir nicht. Zu dem Saftladen werde ich, obwohl der direkt um die Ecke ist, nie wieder fahren. Anschließend gings zur Dekra. Dort die gleiche Antwort, originale Bank mit originalen Punkten kein Problem. Zusätzlich gabs noch nette Tipps. Da mir nun alle (seriösen) Prüfer die gleiche Antwort gegeben haben und die Dekra für uns gut zu erreichen ist, habe ich mich für die Abnahme dort entschieden. Aber erstmal müsste man an die Bank mit den Befestigungen kommen.

Und da fängt das größte Problem schon an. Mobi ist ein Ford Transit MK3. Dieser wurde von Sommer 1986 bis Sommer 1991 gebaut. Obwohl der MK3 zur zweiten Generation/Serie (MK3, MK4 und MK5 von 1986 bis 2000) gehört, hat der MK3 noch einiges an alter Technik aus der Vorgängerserie. Und dazu gehören die Sitze und deren Befestigung. Die Masse an Doppelsitzbänken für die zweite Serie, die es auf eBay und Kleinanzeigen gibt, passen alle nur für die Modelle von 1991 bis 2000. Und die meisten Bänke, die für den MK2 (1978 - 1986) passen, haben keine Kopfstützen. Und sie sind genauso selten, wie die Bänke für den MK3. Fazit: Es muss zwingend eine Doppelsitzbank aus einem Ford Transit MK3 mit dem Baujahr 1986 bis 1991 sein. Und diese gibt es nicht. Nie. Ich habe monatelang danach auf den üblichen Plattformen gesucht. Und selbst wenn es diese geben würde - und da kommt das zweite Problem - , wir haben nicht die originalen Befestigungspunkte. Denn alle Transits dieser Serie, die mit einem Einzelsitz ausgeliefert wurden, haben nur die Befestigungspunkte für den Einzelsitz. Aber nicht die Befestigung für die Doppelsitzbank. Also müssen wir eine Doppelsitzbank mit Befestigungspunkten finden.

Und wo findet man diese Doppelsitzbänke beim Transit MK3 in der Regel? Bei Modellen mit Pritsche. Ob mit Doppelkabine (DoKa, also zweiter Bankreihe) oder ohne, spielt dabei keine Rolle. Zunächst versuchte Nadine Händler, die Pritschen für den Export anboten, davon zu überzeugen, uns vorher die Bank mit Befestigung zu verkaufen. Leider ohne Erfolg. Also reifte die Idee, selbst eine Pritsche zu kaufen.

Hallo Igor

Und so klapperte ich regelmäßig ebay, ebay-Kleinanzeigen und Mobile.de ab, um ein solches Modell zu finden. Eines schönen Tages fand ich diese Anzeige:

Laut Anzeige, sollte die Pritsche nicht allzu weit entfernt in Preez stehen. Also rief Nadine dort an, um eine Besichtigung zu vereinbaren. Schon am Telefon war das alles ein wenig komisch. Nach einigem Hin und Her einigten wir uns auf einen Besichtigungstermin. Dieser sollte dann aber auf einmal in Kiel sein, da das Auto dort stehen sollte. Im Endeffekt war das eine Mischung aus Masche und Verplantheit des jungen deutschtürkischen Händlers. Aber als ich am vereinbarten Treffpunkt ankam, wurde die Pritsche schon gestartet. Der Wagen lief. Mehr aber auch nicht. Dreckig, verkommen, komplett runtergerockt. Und das im Wortsinne. Schlussendlich lagen Beweise für mindestens 4x Wacken in diesem Wagen, neben anderen Festival- und Veranstaltungstickets. Erstmal das wichtigste: Er hat eine Doppelsitzbank und die Befestigungsplatten.

Nachdem ich vergeblich versucht habe, den Händler vor Ort davon zu überzeugen mir nur die Bank zu verkaufen, handelte ich ihn ein (bzw. zu) wenig runter, und kaufte diese formschöne DoKa-Pritsche für 700 €. Als ich nach ordentlichen Kauf (Kaufvertrag, Fahrzeugschein und -Brief) aus dem entfernten Büro wiederkamen, konnte ich Igor mit dem Schlüssel nicht aufschließen. Ich schaute mir den Schlüssel und das Schloss genauer an: Beides komplett abgenutzt. Und da ging mir ein Licht auf: Ah, deshalb ist die Seitenscheibe eingeschlagen worden. Irgendwann ging der Schlüssel nicht mehr. Und was macht man auf Wacken, wenn das Bier alle ist? Genau, Scheibe einschlagen. Und so brauchte ich nur schnell meinen Akkuschrauber zücken und die notdürftig angebrachte Holzplatte entfernen. Schon konnte ich einsteigen und mir die Bank genauer anschauen.

Obwohl Igor - so tauften wir dieses Geschöpf der Nacht - TÜV haben sollte, traute ich dem Wagen nicht so recht zu, die Überführung zu schaffen. Abgefahrene Reifen, wie gut ist die Bremse? Und der Fahrersitz sieht auch nicht so orischinaal aus. Zumal Kurzzeitkennzeichen + Versicherung ja auch nicht umsonst sind. Also organisierten wir gleich an Ort und Stelle, dass Igor sofort vom selben Transporteur abgeholt werden kann, der uns auch Mobi gebracht hatte. Während ich anschließend also bei Igor auf die Abholung wartete, konnte ich schon anfangen zu schrauben. Die Bank sollte direkt raus, damit ich mir die Befestigung genauer anschauen kann.

Es sah alles genauso aus, wie ich recherchiert hatte. Sollte also alles klappen. Nachdem Igor abgeholt und anschließend auf dem Privatgelände abgeladen wurde, fuhr ich nach Hause. Dort fing ich an, die Bank sauberzumachen. Mit ein wenig Schrubben, Teppichreiniger und einem Nasssauger kam dort sehr viel Dreck raus. Und das Gestell hat auch noch eine Lackschicht in Schwarz erhalten. Neu wird diese Bank aber nie. Dafür hat sie zu viele (Brand-)Löcher und wurde schon mal geflickt. Aber das Endergebnis kann sich sehen lassen. Jetzt noch die schäbig rausgeflexte Kopfstütze durch eine aus der hinteren Sitzbank von Igor ersetzen und schon ist die Bank bereit.

Ein paar Tage später bohrte ich die punktgeschweißten Befestigungsplatten bei Igor aus. Die Platten und Schrauben arbeitete ich anschließend auch noch mal auf.

Ein paar dieser neuen Platten überlappten sich mit vorhandenen Befestigungsplatten des Einzelsitzes, diese musste ich dann sogar bei Mobi ausbohren. Bei den restlichen Löchern waren Blindstopfen vorhanden, die ich einfach nur ausbauen musste.

Anschließend setzte ich die Platten von unten ein. Da ich (noch) kein Schweißgerät mein Eigen nennen kann, klebte ich diese mit Sika ein. Alle jetzt noch vorhanden Löcher füllte ich auch mit Sika, das war sogar bei einigen der alten Löcher direkt vom Werk so. Und da in der Gummifußmatte die Öffnungen für die Sitzschienen des Einzelsitzes sehr großzügig ausgeschnitten waren und ich auch das ein oder andere Loch bohren musste, bekam der Bereich noch ein wenig schwarzen Lack verpasst.

Dann konnten endlich alle Befestigungen montiert und die Doppelsitzbank festgeschraubt werden.

Die Fahrt zur Dekra war denn aufregend, aber alles lief super. Ich hatte alle Arbeitsschritte per Foto dokumentiert, hatte Fahrzeugscheine beider Fahrzeuge dabei und auch sonst sehr viel Erklärung zu meinen Arbeitsschritten. Und so bekam Mobi den Segen einen dritten Passagier zu befördern.